Anwendungen entwickeln für eine „smarte“ städtische Infrastruktur
15.09.2017

„Citysens“. Stadtwerke schließen Kooperation mit Ulmer IT-Firmen ab.

Anwendungen entwickeln für eine „smarte“ städtische Infrastruktur

In der digitalen Welt wird das „Internet der Dinge“ eine Rolle spielen. Ein Beispiel aus dem Alltag: Das Gewächshaus meldet über Sensoren, wenn die eingesetzten Schösslinge wieder gegossen werden müssen. Wären Anwendungen dieser Art auch für Stadtwerke und ihre Kunden denkbar? Welche Anwendungen könnten das sein und unter welchen Voraussetzungen funktionieren sie? Mit diesen Fragen beschäftigen sich jetzt die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm. Für das Projekt „Citysens“ hat die Tochtergesellschaft SWU Energie mit den Ulmer IT-Firmen eXXcellent solutions GmbH, systemzwo GmbH und StS Consult einen Kooperationsvertrag abgeschlossen.

Zählerablesen wird digital

Das Internet der Dinge benötigt Sensoren und eine stromnetzunabhängige Technologie zur Datenübermittlung. Diese Technologie gibt es in Ulm. Sie heißt LoRaWAN und überträgt Daten über öffentliche Funk-frequenzen. Geknüpft hat dieses Funknetz die initiative.ulm.digital. „Wertvolle Vorarbeit ist geleistet. Darauf können wir aufbauen, um nun die Entwicklungsarbeit anzupacken“, beschreibt SWU-Geschäftsführer Klaus Eder das Ziel. Im ersten gemeinsamen Projekt wird das Ablesen von Hausstromzählern digitalisiert. Die Hardware und Software liefern die IT-Kooperationspartner. „Wir wollen Ulm als digitalen Pionierstandort etablieren. Mit der Citysens-Kooperation, LoRaWAN und diesem Auftaktprojekt beschreiten wir den richtigen Weg“, so Gerhard Gruber, Geschäftsführer der eXXcellent solutions GmbH.

Parkplatz frei?

Einen weiteren Ansatzpunkt für „digitale Stadtwerke“ bietet die Inspektion von Versorgungsleitungen. Sensoren können melden, wenn Leitungen versteckte Leckagen haben. Dieses Problem kennt so mancher Schrebergärtner: Erst nach mehreren Wochen stellt er fest, dass seine Gartenleitung Wasser verliert. In der Zwischenzeit laufen Zähler und Kosten weiter. „Ein auf diese Art und Weise digitalisiertes Stadtwerk schafft leichter den Einstieg in die Hausautomation. Damit könnten Kunden ihren Energie- und Wasserverbrauch effizient steuern“, so Klaus Eder. Ein weiteres Feld für LoRaWAN-Anwendungen eröffnet die Mobilität. Zwei Beispiele: Mithilfe von Sensoren werden die stark frequentierten Strom-Ladesäulen als erste nachgeladen. Sensoren melden dem an der Haltestelle Wartenden, ob im nächsten Bus oder in der nächsten Tram ein Stellplatz für den Kinderwagen oder den Rollstuhl frei ist und an welcher Einstiegstür. Denkbar ist ein Parkleitsystem neuer Art. Es zeigt auch Parkgelegenheiten außerhalb der Parkhäuser an. Eine solche Entwicklung könnte für die Ulmer Parkbetriebs-Gesellschaft mbH interessant werden.

LoRaWAN im geschlossenen Gebäude testen

Das Kürzel bezeichnet ein Datennetz mit großer Reichweite (Long Range Wide Area Network). Das System funktioniert über möglichst hoch gelegene Antennen-Standorte. Sieben solcher Standorte gibt es mittlerweile in Ulm, zum Beispiel auf dem Dach des SWU-Glasbaus Karlstraße. An jedem Standort überträgt ein Gateway Signale ins Web, die von den Sensoren des „Internets der Dinge“ ausgehen. Die Datenübertragung nutzt lizenzfreie Frequenzen. Das ist vor allem dort interessant, wo kein Anschluss ans Strom- oder Datennetz möglich ist. Der Energieaufwand für LoRaWAN ist sehr gering, die Reichweite der Datenübermittlung dafür umso beachtlicher. Etwa drei Kilometer sind es im dicht bebauten Stadtraum, bis zu 15 Kilometer lassen sich im ländlichen Raum überwinden. Derzeit stellen die Stadtwerke und ihre Kooperationspartner sicher, dass die Datenübertragung auch in schwierigen Funksituationen, zum Beispiel innerhalb geschlossener Gebäude, verlässlich funktioniert.

„Der Grundstein für die digitale Stadt ist durch das regionale Netz gelegt. Durch unsere Anwendungen, entwickelt nach den neuesten Datenschutzstandards, und unsere in der Region produzierten Geräte erhalten die Bürger Zugang zu den vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Stadt", so Björn Semjan, Geschäftsführer der systemzwo GmbH. Die vier Partner investieren zusammen eine sechsstellige Summe in die Entwicklungsarbeit. „Die Investitionen werden sich tragen“, gibt sich Klaus Eder überzeugt, „für die Bürger wie für die beteiligten Unternehmen. Wir wollen den Beweis antreten, dass Digitalisierung wirtschaftliche Erträge schafft“.

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