Das Projekt
Etwa 30 Prozent der CO₂-Emissionen in Deutschland fallen laut Umweltbundesamt im Gebäudesektor an. Die Energiewende heißt daher vor allem auch: Wärmewende. Das bedeutet, dass Heizwärme und Warmwasser künftig mit Hilfe erneuerbarer Energien – und ohne den Einsatz von Öl und Gas – erzeugt werden müssen. Diese nachhaltige Umstellung betrifft auch das Fernwärmeverbundnetz Neu-Ulm/Senden.
Angestoßen wird der Wandel durch das Wärmeplanungsgesetz und die daraus resultierende Wärmetransformationsplanung der SWU. Dabei wird geprüft, ob auch Tiefengeothermie als Baustein der lokalen und regionalen Wärmewende dienen kann. Zum Einsatz kommt dabei die innovative, sichere und umweltverträgliche Loop-Technologie des SWU-Projektpartners Eavor.
2D-Seismik-Untersuchungen
Neu-Ulm und Senden wollen wir in Zukunft mit Wärme aus erneuerbarer Energie versorgen. Dafür wird der Einsatz von Tiefengeothermie untersucht. Wichtig ist hierbei, die Beschaffenheit des Untergrundes zu kennen. Deshalb ist es nun nötig, in einem bestimmten Gebiet im Raum Ulm, Neu-Ulm und Senden seismische Untersuchungen durchzuführen. Eins vorab: Es kommt zu keinen Bohrungen in dieser Phase.
Die Messungen
Mithilfe seismischer Messungen kann die geologische Beschaffenheit des Untergrundes erkundet werden. Hierzu senden sogenannte Vibrotrucks künstlich erzeugte Schallwellen in die Tiefe. Somit sind keinerlei Bohrungen oder andere direkte Eingriffe in den Untergrund erforderlich.
Das Messprinzip
Etwa alle 20 Meter entlang der Messstrecke stoppt ein Konvoi bestehend aus mehreren Vibro-Trucks sowie Begleitfahrzeugen. Mit hydraulisch absenkbaren Rüttelplatten werden kaum hörbare Schallwellen in den Untergrund gesendet. Diese werden an den Grenzflächen verschiedener Gesteinsschichten gebrochen und reflektiert. Geophone nehmen diese Schallwellen entlang der Strecke an den mobilen Messfahrzeugen auf. Im Anschluss erstellen Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftler aus diesen Messdaten ein zweidimensionales Abbild des Untergrundes.
Naturschutz
Die Messungen finden bewusst im Winter statt, um die Vegetationsruhe und die brutfreie Zeit der Vögel zu berücksichtigen sowie Flora und Fauna zu schonen.
Information und Betretungserlaubnis
Vor Beginn der Untersuchungen werden alle zuständigen Behörden, darunter Tiefbau, Verkehr, Natur-, Wasser- und Denkmalschutz in den Prozess einbezogen. Außerdem holen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SWU-Projektpartners alle erforderlichen Genehmigungen, wie etwa Wegerechte, ein.
Ablauf der Messungen
Der Betrieb des Messtrupps kann gelegentlich Verkehrsbeeinträchtigungen, wie Staus oder Sperrungen, sowie eine gewisse Lärmbelästigung mit sich bringen. Wir bitten um Ihr Verständnis und bedanken uns für Ihre Mithilfe. Bildquelle: © DMT GROUP
Standortauswahl
Standortauswahl
Standortauswahl
Derzeit besteht eine Erlaubnis zur großräumigen Aufsuchung von Erdwärme (gem. Abbildung). Diese Erlaubnis wurde unserem Projektpartner Firma Eavor vom Bayrischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie erteilt. Die Fläche ist etwas mehr als 9.500 Hektar groß.
Standort Wärmezentrale
Warum Geothermie?
Geothermie hat einen großen Vorteil vor Wind und Sonne: Sie kann unabhängig von Wettereinflüssen zur regenerativen Wärmeerzeugung genutzt werden. Das Potenzial der Tiefengeothermie für Neu-Ulm und Senden soll durch umfassende seismische Untersuchungen des Untergrunds mit Hilfe von Schallwellen festgestellt werden.
Testbohrungen wird es dabei während der gesamten Erkundungs- und Aufsuchungsphase keine geben. Erst wenn die Ergebnisse dieser Untersuchungen vorliegen, werden konkrete Entscheidungen hinsichtlich der weiteren Projektfortführung getroffen. Dabei kommt es auf gründliche, unvoreingenommene Abwägungen wirtschaftlicher, technologischer und/oder rechtlicher Faktoren an.
Das Ziel: erste Wärmelieferungen ab 2029
Sollte der Untergrund geeignet sein für die Eavor-Loop™-Technologie, könnte in wenigen Jahren Heizwärme und Warmwasser für circa 13.500 Haushalte des Fernwärmenetzes Neu-Ulm/Senden produziert werden – ein entscheidender Beitrag zur Vision einer treibhausgasneutralen Stadtentwicklung.
Steckbrief
- Aufsuchungs-und Erkundungsphase: bis 2026
- Projektrealisierung: 2027 bis 2030
- Investition und Förderung: Die Voruntersuchungen zur Tiefengeothermie sind Teil der Wärmetransformationsplanung der SWU, in die der Energieversorger 3,4 Millionen Euro investiert. Bis zu 50 Prozent dieser Summe werden durch Bundesmittel gefördert.
Eckdaten treibhausgasneutrale Heizenergiegewinnung Neu-Ulm/Senden (Ziel bis 2030)
- Grundstück mit zwei Hektar (von dem nur ein kleiner Teil bebaut wird, etwa mit der Wärmezentrale)
- 135 Millionen Kilowattstunden klimafreundliche Wärme für 13.500 Wohnungen
- Mindestens 90 Prozent regenerative Wärme für Neu-Ulm/Senden
- 25 Megawatt herkömmliche Kraftwerksleistung kann dadurch ersetzt werden
- CO2-Einsparung: circa 30.000 Tonnen pro Jahr
Der Zeitplan
2024 | Projektentwicklung zu Standort und Technik |
2025 | Seismische Untersuchungen, weitere Projektentwicklung zur Technik und Umweltverträglichkeitsprüfungen |
2026 | Abschluss Projektentwicklung zur Technik, Genehmigungsphase |
2027 | Entscheidungsphase |
2028 | Bauphase |
Ab 2029 | Erste Wärmelieferungen in Neu-Ulm und Senden |
Die Eavor-Loop™-Technologie
- Skalierbar
Eavor-Loop™ kann an den steigenden Fernwärmebedarf angepasst werden und ist ohne zusätzlichen oberirdischen Flächenbedarf erweiterbar. - Erneuerbar
Erneuerbare Erdwärme stammt wie Wind, Sonne oder Wasser aus einer natürlichen Quelle. - Regelbar
Die Fließgeschwindigkeit der im Eavor-Loop™ eingesetzten Flüssigkeit ist regelbar und somit an den Leistungsbedarf anpassungsfähig. - Wirtschaftlich
Einmal installiert, liefert Eavor-Loop™ Wärme – zuverlässig, wartungsarm, emissionsfrei und wirtschaftlich betreibbar. - Seismisch sicher
Wasservorkommen werden nicht angebohrt, Druck wird in der Tiefe nicht eingesetzt.
Was macht die Loop-Technologie des SWU-Projektpartners so innovativ und besonders?
Die Tatsache, dass am Standort keine Vorkommen von heißem Wasser tief im Gestein nötig sind. Denn bei herkömmlichen Tiefengeothermie-Projekten wird Thermalwasser angebohrt und an die Erdoberfläche befördert. Dabei besteht immer das Risiko, dass es zu Bodenveränderungen kommt.
Diese Gefahr gibt es bei Eavor-Loop™ nicht, da die Technologie auf die Hitze des Gesteins selbst setzt. Wie die Schlaufen einer Fußbodenheizung verlaufen die Bohrungen in mehreren Tausend Metern Tiefe und funktionieren wie eine Art Wärmetauscher: In ihnen zirkuliert eine umweltverträgliche, wasserähnliche Flüssigkeit, die zunächst an der Oberfläche in das geschlossene System eingeleitet wird. Im kilometerlangen Kreislauf tief im Erdboden nimmt sie die Wärme der Umgebung auf und kommt wieder an die Oberfläche. Pumpen sind keine nötig, weil das warme Wasser durch den Thermosiphoneffekt von selbst aufsteigt. Rohre kommen bei der Eavor-Loop™-Technologie nur in den beiden vertikalen, vier Kilometer tiefen Bohrungen zum Einsatz: Die „Schlaufen“, die vertikal durchs Gestein laufen, werden mit einer flüssigen Versieglung abgedichtet.
Projektpartner
Fördergeber